Anlässlich des neuen Webauftritts des KSC hat sich unser Mitglied Anna-Lena Stauder, Journalistin und angehende Ethnologin, mit der Geschichte des Vereins beschäftigt und uns einen tollen Artikel zur Verfügung gestellt. Dazu hat sie sich mit dem mehrmaligen Weltmeister aus Schifferstadt, Heinz Kuhn, zusammengesetzt und viele Informationen zusammengetragen. Dieser Blogartikel wird dauerhaft unter dem Reiter Verein verfügbar sein.
„Heben gehört zum Leben“- dieses Motto gilt nicht nur für Heinz Kuhn, der lange Jahre als Trainer, Abteilungsleiter und Vorsitzender des heutigen Kraft Sport Clubs 07 tätig war. Dieser Leitgedanke steht auch für viele Gewichtheber des KSC 07, der bereits auf eine 118-jährige Geschichte zurückblicken kann.
Das Gewichtheben hat in Schifferstadt eine lange Tradition. Schon 1896, im Gründungsjahr des damaligen „Freien Sportklubs“, tritt das Gewichtheben als Disziplin in Erscheinung. In der ersten Zeit
kommen die Sportler zusammen, um gemeinsam zu ringen, zu stemmen und auch um akrobatisch tätig zu werden. 1926 kommt es zur Gründung des Vereins für Kraftsport und Körperpflege, der später in den
Verein für Kraftsport (VfK) übergeht. Der VfK beherbergt damals Ringer, Gewichtheber, Judokas und Boxer. Erstere trainieren auch gemeinsam, während sich die Judokas und Boxer jeweils separat auf
Wettkämpfe vorbereiten. Die Ringer nutzen das Gewichtheben, wie auch noch heute, als Krafttraining.
Wiederbegründung 1950
Durch den Zweiten Weltkrieg kam das Training zu einem kompletten Stillstand. Erst am 7. Januar 1950 gründet sich der VfK neu. In der ersten Zeit trainieren die Gewichtheber zusammen mit den Ringern in der Gastwirtschaft „Zu den drei Mohren“ am Schillerplatz. Anfang der 1950er Jahre kommt auch Heinz Kuhn, der über 50 Jahre Trainer und Abteilungsleiter in Schifferstadt werden sollte, zum Gewichtheben. Er erzählt, dass bis 1952/53 sogar noch einarmig gerissen wird. Damals werden die Schwerathleten von Ernst Kolb trainiert, der bei den Europameisterschaften in Paris 1934 den dritten Platz belegt hatte. In seinen ersten Jahren beim VfK fällt Kuhn auf, dass den Schifferstadter Sportlern vor allem die Kenntnisse zur Technik des Gewichthebens fehlen. Er möchte dem entgegentreten und besucht Trainerlehrgänge. 1955 bricht das Gewölbe der Trainingsstätte am Schillerplatz. Fortan wird in zwei alten Abrisshäusern trainiert, danach bauen die Gewichtheber ihre Hanteln in einem Raum der Grundschule in Schifferstadt Nord auf. Von 1957 bis 1959 gibt es in Schifferstadt keine Trainingsmöglichkeit mehr für Heber. Heinz Kuhn trainiert in dieser Zeit beim AV 03 Speyer.
Beton für die neue Trainingsstätte
Im Jahr 1959 geht es dann wieder zurück nach Schifferstadt: Die Stadt stellt den Kraftsportlern die Rot-Kreuz-Garage zur Verfügung. Beim Ausbau der Garage, bei dem Ringer und Gewichtheber gleichermaßen mithelfen, werden 16 Kubikmeter Beton für den Boden, mit den Händen, verarbeitet. Auch Wilfried Dietrich, der als „Kran von Schifferstadt“ bekannt geworden ist, trainiert Anfang der 1960er Jahre mit den Gewichthebern in der Rot-Kreuz-Garage. Weil er in seiner Stammdisziplin, dem Ringen, so stark und auch schnell agiert, findet er unter den Ringern nur schwer Gegner, schildert Kuhn. Daher arbeitet er in dieser Zeit im Gewichtheben weiter an seiner Kraft. So feiert Dietrich auch als Gewichtheber Erfolge: 1960 wird er Zweiter bei den deutschen Meisterschaften, 1963 besteigt er nochmals das Treppchen und kehrt mit Bronze zurück. Ab 1959 trainiert Kuhn die Schifferstadter Gewichtheber und agiert zudem als Abteilungsteiler. 1963 werden die Schifferstadter Heber Meister der Oberliga. Neun Jahre nach dem Beginn seiner Trainerlaufbahn erlebt das Gewichtheben in Schifferstadt Aufschwung durch den Bau der heutigen Wilfried-Dietrich-Halle. Weitere Erfolge in Oberligameisterschaften folgen, auch in den 1970er-Jahren. 1975 erzielen die Gewichtheber den dritten Platz bei den Mannschaftsmeisterschaften.
Training, Training und nochmals Training
Zu den Erfolgen führt nur ein kontinuierliches Training, was Kuhn mit einer Sage veranschaulicht: Milon von Kroton, ein „bettelarmer“, „dürrer“ Grieche träumt davon im antiken Athen Ringkämpfer
zu werden. Als er eines Tages Ringkämpfern beim Trainieren zuschaut, erblickt ihn ein reicher Bürger, der Milon ein Geschäft vorschlägt. Er soll bei monatlichen Treffen ein Kälbchen eine Treppe
„hochheben“. Wenn er nach einem Jahr immer noch die Kraft besitzt, das Kalb zu heben, dürfe er das Tier behalten. Wenn er aber verliert, soll er als Leibeigener für den Reichen arbeiten. Er legt
über den Zeitraum hinweg an Kraft zu, indem er Laufen, Springen, und weitere sportliche Aktivitäten in seinen Alltag integriert. Nach zwölf Monaten ist aus dem Kalb ein Stier geworden und Milon
von Kroton schafft es, aufgrund seines Trainings, den Stier die Treppe hochzustemmen. Später wird er als Ringkämpfer und Olympiasieger in die Geschichtsbücher eingehen.
Talfahrt in den 1980er Jahren
Aber zum Sport gehören Misserfolge genauso wie Erfolge. In den 1980er Jahren können die Gewichtheber in Schifferstadt kaum noch Erfolge verzeichnen. Einen Grund dafür sieht Kuhn in seiner
persönlichen Situation. Er habe „auf zu vielen Hochzeiten getanzt“, sportlich an vielen Stellen mitgemischt und daher als Abteilungsleiter und Trainer weniger Zeit für das Training in
Schifferstadt gehabt. Die Mannschaft muss durch Sportler von außerhalb ergänzt werden. Eine Bundesligamannschaft aufzubauen scheint in weite Ferne gerückt. Dabei spielt auch Geldnot eine Rolle.
In den 1990er Jahren habe der VfK einen Etat von 80.000 D-Mark, von dem der Abteilung des Gewichthebens nur etwa 4.000 D-Mark zur Verfügung stehen.
„Die große Wende“
Anfang der 1990er Jahre geht es dann für die Gewichtheber in Schifferstadt wieder aufwärts. Kuhn fordert vom Landessportbund in Rheinland-Pfalz einen hauptamtlichen Trainer an. Der Sportbund
bewilligt den Antrag. Sieben Trainer melden sich auf die Ausschreibung von Kuhn. Darunter auch Günter Renner, der fortan die Abteilung Gewichtheben wieder vorantreiben soll. Er sucht neue Talente
in den umliegenden Schulen und führt Arbeitsgemeinschaften durch, um den Nachwuchs zu fördern. Mit ihm als Jugendleiter und Landestrainer und mit Kuhn als Präsident geht es mit der Sportart in
Schifferstadt aufwärts. Die Abteilung besteht nun wieder aus 30 Jugendlichen, Aktiven und Senioren. 1993 wird in Schifferstadt der Donaupokal ausgerichtet, 1996 und 2000 die deutschen
Meisterschaften.
Jugend an die Hantel
Dass das Gewichtheben für Kinder und Jugendliche überhaupt möglich ist, dafür sorgt erst die Erarbeitung neuer Modelle für das Training und auch für Wettkämpfe. Dies geschieht in Schifferstadt in
einem mühevollen Prozess, in dem Heinz Kuhn, der ehemalige Bundestrainer Ewald Spitz und der Verbandsarzt Dr. Bernd Dörr zusammenarbeiten. Künftig darf der Nachwuchs schon mit 10 Jahren, statt
erst mit 14 Jahren an Wettkämpfen teilnehmen. „Hier, in diesem Raum, ist die Geburt des Schülergewichthebens in Deutschland“, erzählt mir Heinz Kuhn im Gespräch im Trainingsraum der
Wilfried-Dietrich-Halle.
„Heben gehört zum Leben“
Die Bedeutung der Disziplin, nicht nur für Schifferstadt, erklärt Kuhn mit Hilfe der menschlichen Evolution. Das Gewichtheben sei „die älteste Sportart überhaupt“ und gehöre einfach zum Leben
dazu. Vor 5000 Jahren soll es zwei Brüder gegeben haben, die auf der Jagd waren. Durch einen großen Wolkenbruch und viel Regen werden sie allerdings unterbrochen und suchen eine Höhle, die ihnen
Schutz bietet. Sie finden also Unterschlupf, aber alsbald wird ein Felsbrocken vom Regenwasser unterspült und somit ist der Eingang zur Höhle versperrt. Als die Brüder dies bemerken, macht sich
der Erste daran den Felsen wegzuheben. Allerdings tut sich nichts. Der Andere versucht sich an dem Felsbrocken und schafft es durch seine Muskelkraft den Weg nach draußen wieder frei zu
machen.
Ringer und Gewichtheber trennen sich
In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends gerät der VfK zunehmend in finanzielle Not. 2007 folgt die Insolvenz des Traditionsvereins. Es gründen sich zwei eigenständige Vereine: Der VfK 07
beherbergt fortan die Ringer, der KSC 07 die Gewichtheber. Einen separaten Verein zu gründen, das erhofft sich Kuhn schon viele Jahre zuvor. Denn das Ringen steht beim VfK im Vordergrund, das
Gewichtheben steht hinten an. Doch dafür fehlt ihm die Vorstandschaft. 2007 bietet sich dann die Chance und viele helfende Hände sorgen dafür, dass sich der KSC 07 aufbauen kann. Die Ausrichtung
der Rheinland-Pfalz-Meisterschaften spült das erste Geld in die Kassen des neu gegründeten Vereins. Zwei Jahre nach der Vereinsgründung werden die deutschen Jugendmeisterschaften in Schifferstadt
ausgetragen. „Heute steht der Verein auf guten Füßen“, berichtet Heinz Kuhn, der 2012 seinen Vorstandsposten zugunsten des Trainers Günter Renner abtritt.
Neue Abteilung für den KSC 07
Ebenfalls im Jahr 2012 erweitert sich der Verein um eine neue Abteilung. Die „Athletics“ treffen sich, unter Leitung des zuständigen Trainers Sebastian Stauder, um ihre Fitness in einem
elementaren Mix aus Gewichtheben, Turnen, und Ausdauerübungen zu trainieren und somit zugleich ihre Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit, Ausdauer und Koordination zu fördern.
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Günter Renner (Samstag, 06 September 2014 11:48)
Hervorragend gemacht. Danke Anna-Lena!
Heinz Kuhn (Freitag, 03 April 2015 18:28)
Liebe Hanna-Lena,
das hast Du toll gemacht. Danke